Auf der Insel Koh Chang
„Blue Lagoon Resort“ am Klong Prao Beach auf Koh Chang, 13. Dezember 2019
Der Tag beginnt mit Warten. Mit viel Warten.
Das Frühstück hat geschmeckt, die Kofferrucksäcke sind gepackt, die Rechnung bezahlt und wir sitzen am Strand, an diesem stillen Strand und werfen viele sehnsuchtsvolle, viele letzte Blicke auf Meer und Palmen. Warten auf das Songthaew.
Es kommt viel zu früh und wir werden in Windeseile durch Dschungel und wilden Wald von Südwest in den Nordosten zum Dorf „Ban Salad“ gekarrt. Unser Slowboat soll um 1 pm fahren und jetzt ist es 11 am. Also wieder warten.
Allerdings - bis wir das richtige Pier gefunden haben, das dauert. Weil keiner, den man nach dem „Bang Bao Boat“ fragt, eine klare Auskunft geben kann. Da ist alles vertreten: Achselzucken, in andere Richtung zeigen, albernes Kichern, Anstarren und weitergehen, selbst dem Fingerzeig, hier zu warten, traut man nicht mehr. Letzteres stellt sich eine Stunde später aber als richtig heraus. Dann nämlich legt ein Holzboot am Pier an und auf Nachfrage wird eindeutig auf das Boot gezeigt.
Weiter warten, jetzt aber mit Gewissheit.
Schon im Songthaew hierher waren wir erstaunlicherweise alleine. Jetzt sind wir wieder die einzigen Passagiere auf dem Boot, das pünktlich um 1 Uhr abfährt. Die beiden wortkargen Bootsleute und wir zwei.
Die Überfahrt gestaltet sich entspannt. Nach etwa 1 h passieren wir die Insel Ko Mak, auf der wir vor 2 Jahren mit den netten Stränden und den gar nicht so netten Sandflöhen Bekanntschaft gemacht hatten.
Auf der Nordseite von Ko Mak am Ao Suan Yai Beach hielt das Boot dann doch am Steg und nahm 2 Mädels auf. Also doch nicht das Boot für uns alleine. Bei der Gelegenheit wurde noch kurz ein Schnellboot, das im Sand festsaß, abgeschleppt.
Bei Ko Wai kletterte ein weiterer Tourist an Bord, mit einem Kanu zum Boot gebracht.
Und gegen 4 pm legten wir im Süden von Koh Chang an, am Dorf „Ban Bang Bao“. Ein inzwischen richtig großes Stelzendorf, von dessen Pier wir unendlich lang auf einem Holzsteg überm etwas modrig riechendem Wasser unsere Koffer zogen, links und rechts von Souvenirläden, Seafoodlokalen, Guesthäuser und Fastfoodrestaurants flankiert.
Und das ist thailändische Organisation, alle fünf wurden wir von einem Songthaew am jeweiligen Guesthouse abgesetzt.
Gegen 4:30 pm waren wir im „Blue Lagoon Resort“ an der Lagune des Ao Klong Prao Beach.
Dieses Resort ist schon etwas in die Jahre gekommen und erscheint uns auch eine Nummer zu groß. Etwa 30 Bungalows locker im großen Areal verstreut, im „Garten“, eher Wald und direkt an der breiten Lagune. Alle mit individueller Ausgestaltung.
Ursprünglich, vor vielen Jahr war es sicher ein spannendes Projekt, ganz gewiss. Umweltbewusstsein und alternative Lebensweisen, auch künstlerische Ambitionen standen Pate. Und mit den Jahren sind von Künstlern und solchen, die es auch gerne wären, viele nette Ideen verwirklicht worden. Baumhäuser, Zip-Lines, Kletterstege, Kinderspielzeug, Spielplätze, Wurzelkunstwerke im Gelände - alles war irgendwann neu und attraktiv. Nur leider sind diese Dinge heute im Staub und in den Laubbergen versteckt oder gar verborgen. Nichts wurde durch Pflege und Achtsamkeit erhalten, vieles einfach dem Verfall anheim gegeben. Die Idee ist noch zu bewundern, leider aber nicht mehr zu gebrauchen. Auch die Natur ist vernachlässig, sie verkommt, verkümmert und ist in Staub gehüllt. Es fehlt einfach am Personal. Symphatisch ist die Anlage allemal. Und immerhin bekommen wir am Anfang zwei Metallflaschen geliehen, in die wir - gegen eine Spende - jederzeit kaltes Wasser einfüllen können. Das sind sicher Berge von Plastikflaschen, die hier eingespart werden.
Richtig gepflegt dagegen sind die Anlagen an der Lagune: Das Restaurant mit den hübschen Lounges direkt über dem Wasser, sehr großzügig angelegt und mit viel Verzierungen im Detail und Dekoration. Auch das Essen kann sich sehen und schmecken lassen. Die Kochschule mit den vielen Koch- und Essensplätzen, die Yogaplattform, von der morgens und abends das vielstimmige „OM“ herüberweht, die witzige Bar und verschiedene Spielmöglichkeiten, der Steg entlang der Lagune bis vor ans Meer und den Strand.
Unser Bungalow im Palmenwald unweit der Lagune ist zwar nicht sehr geräumig, aber bequem und im Bad könnte man tanzen. Tun wir aber nicht. Am Morgen werden wir von unzähligen Vogelstimmen geweckt. So stellt man sich die fremden Urwaldgeräusche vor.
Der breite weiße Sandstrand mit den überhängenden Kokospalmen, den hübschen indischen Mandelbäumen, die so viel Schatten spenden, dass man wunderbar darunter schlafen kann und die hohen filigranen Kasuarinen( siehst du eine, kannst du dir sicher sein, dass das Meer nicht weit ist) - ein Bild wie im Hochglanzprospekt.
Auf unserem morgendlichen Weg zum Strand spazieren wir an den Wassern der idyllischen blauklaren Lagune vor zum Meer. Herrlich.
Am Vormittag liegt der Strand noch still, erst gegen Mittag erscheinen die Heerschaften, darunter einige ungleiche Paare. Sie jung, gertenschlank, hübsch und grazil und er Hängebauch und nur noch wenige Strähnen auf dem Haupt. Ein Bild fürs Poesiealbum. Man fragt sich, wie das im Detail funktionieren soll, hängt dann aber den dunklen Mantel der Toleranz über die Szene.
Hier eine russische Familie, die sich für die wenigen Tage des Urlaubs exotische Kleidung ganz gewagt übergestreift hat. Und mancheiner kann leider mit der Attraktivität seines Hutes einfach nicht mithalten.
Eben war es noch ruhig und plötzlich fällt eine Gruppe von Chinesen oder Thais am Strand ein. Es folgt eine Selfie-Orgie mit viel hysterischem Gekicher und vielem Hin und Her. Aber dieser Spuk hält nur - man weiß es inzwischen - kurze Zeit an und die Gruppe ist wieder verschwunden.
Und so bietet sich dem Beobachter ein weites Feld menschlicher Extravaganzen und Eitelkeiten.
In Ko Kood hatte es für 2-3 Tage auf unter 30 Grad und am Abend und Morgen sogar auf vielleicht 24 Grad abgekühlt. Wir hatten in dieser Zeit tatsächlich kaum die richtige Kleidung. Inzwischen ist aber der ganz normale Tropenwahnsinn wieder eingekehrt. Gefühlte 35 Grad. Seit wir hier sind brennt die Sonne unverschämt und ohne Pause. Die gleißendgrelle Sonne, das Glitzern des Meeres und die drückendschwüle Hitze sind fast nicht erträglich - wollte man es nicht so. Und mit jeder Stunde des Tages nimmt die Hitze noch zu. Spätestens in der Mittagsglut zieht sich auch Edith in den Schatten der Bäume zurück.
Erst Mitte der 90iger Jahre wurde die zweitgrößte Insel von Thailand für den Tourismus geöffnet. Vorher war sie militärisches Sperrgebiet. Grund: die Nähe zum krisengeschüttelten Kambodscha sowie den marodierenden Rebellen, Schmugglern und Piraten. Und da die gesamte Inselwelt zum „Marine Nationalpark“ erklärt wurde, blieb das Naturparadies von Abholzung usw verschont.
Regenwald, Mangroven-Lagunen, fast tausend Meter hohe Berge im Inselinneren, Wasserfälle und - wie könnte es anders sein - ausgedehnte wunderschöne Sandstrände. Nur leider meist total überlaufen wie beispielsweise am “ Lonely Beach“, wo sich die partybereite Backpackerfamily über die Füße und vielleicht auch über die Nerven läuft (Nicht immer ist Omen = Nomen). Nicht aber hier am Klong Prao Beach.
Es ist der 13. Dezember. Weihnachten steht vor der Tür - und wir merken hier nichts davon.
Keinerlei Vorbereitungen, keinerlei Einkäufe. Keine Hektik. Nirgendwo ein Weihnachtsbaum. Nicht mal ein geschmückter Zweig. Kein weihnachtssüßes Liedchen trifft auf unser Ohr.
Nur das Meer im Vordergrund rauscht gewaltig, die Wellen plätschern gemütlich und ewig, überschlagen sich sodann vor Freude - wie eh und je.
Die Sonne brennt auf unseren Bauch. Das unzertrennliche Beo-Vogelpärchen trällert auf einem Palmstumpf einträchtig ihre berühmte Morgenhymne und unterhält uns auch durch den Tag mit vielseitigem Gezwitscher und manch gekonnter Vogelarie. Das Meer ergießt sich mit weißer Gischt über den leeren Strand und wenn dann noch die Sonne das Meer wie silbern glitzern lässt, wenn man dann die Augen so weit schließt, dass die Wimpern sich wie ein zarter Vorhang ins Blickfeld legen, könnte man meinen, dort hinten liege Schnee.
Weiße Weihnacht in den Tropen!
Und der Gecko lacht dazu!
Weiterlesen im Kapitel "Letzte Station Bangkok"